Aug 22, 2023
Mit der richtigen Beleuchtung die geheimen Nanostrukturen magnetischer Materialien entschlüsseln
Von Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzpulsspektroskopie (MBI)Mai
Von Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzpulsspektroskopie (MBI), 26. Mai 2023
Künstlerische Darstellung des XMCD-Experiments. Das weiche Röntgenlicht einer Plasmaquelle wird zunächst durch die Transmission durch einen Magnetfilm zirkular polarisiert. Anschließend kann die Magnetisierung in der tatsächlichen Probe genau bestimmt werden. Bildnachweis: Christian Tschaschel
Forschern des Max-Born-Instituts in Berlin ist es erstmals gelungen, Experimente zum Röntgen-Magnetischen Zirkulardichroismus (XMCD) in einem Laserlabor durchzuführen.
Um die Geheimnisse magnetischer Materialien zu entschlüsseln, ist die richtige Beleuchtung erforderlich. Der magnetische Röntgenzirkulardichroismus ermöglicht es, die magnetische Ordnung in Nanostrukturen zu entschlüsseln und sie verschiedenen Schichten oder chemischen Elementen zuzuordnen. Forschern des Max-Born-Instituts in Berlin ist es gelungen, diese einzigartige Messtechnik im weichen Röntgenbereich in einem Laserlabor umzusetzen. Mit dieser Entwicklung können viele technologisch relevante Fragestellungen erstmals außerhalb wissenschaftlicher Großanlagen untersucht werden.
Magnetische Nanostrukturen sind längst Teil unseres Alltags, etwa in Form von schnellen und kompakten Datenspeichern oder hochempfindlichen Sensoren. Einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis vieler relevanter magnetischer Effekte und Funktionsweisen leistet eine spezielle Messmethode: der Röntgen-Magnetzirkulardichroismus (XMCD).
Dieser eindrucksvolle Begriff beschreibt einen grundlegenden Effekt der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie: In einem ferromagnetischen Material kommt es zu einem Ungleichgewicht von Elektronen mit einem bestimmten Drehimpuls, dem Spin. Lässt man zirkular polarisiertes Licht, das ebenfalls einen definierten Drehimpuls hat, durch einen Ferromagneten, ist ein deutlicher Transmissionsunterschied bei paralleler oder antiparalleler Ausrichtung der beiden Drehimpulse zu beobachten – ein sogenannter Dichroismus.
Besonders ausgeprägt ist dieser Zirkulardichroismus magnetischen Ursprungs im weichen Röntgenbereich (200 bis 2000 eV Energie der Lichtteilchen, entsprechend einer Wellenlänge von nur 6 bis 0,6 nm), wenn man die elementspezifischen Absorptionskanten des Übergangs berücksichtigt Metalle wie Eisen, Nickel oder Kobalt sowie seltene Erden wie Dysprosium oder Gadolinium. Diese Elemente sind besonders wichtig für die technische Anwendung magnetischer Effekte.
Der XMCD-Effekt ermöglicht die präzise Bestimmung des magnetischen Moments der jeweiligen Elemente, auch in vergrabenen Schichten eines Materials und ohne Beschädigung des Probensystems. Kommt die zirkular polarisierte weiche Röntgenstrahlung in sehr kurzen Femto- bis Pikosekunden-Pulsen (ps), lassen sich auch ultraschnelle Magnetisierungsprozesse auf der relevanten Zeitskala verfolgen. Bisher war der Zugang zur benötigten Röntgenstrahlung nur an wissenschaftlichen Großanlagen wie Synchrotronstrahlungsquellen oder Freie-Elektronen-Lasern (FELs) möglich und damit stark eingeschränkt.
Die gemittelte Transmission durch die untersuchte Probe an den Fe L-Absorptionskanten (schwarze Datenpunkte) kann genau gemessen werden und wird durch eine Simulation gut beschrieben (schwarze Linie). An den beiden Absorptionsmaxima (siehe Einschübe) ist ein signifikanter Dichroismus für die beiden unterschiedlichen Richtungen der Sättigungsmagnetisierung der Probe zu beobachten. Bisher waren solche Experimente nur an Großanlagen möglich. Bildnachweis: Max-Born-Institut
A team of researchers around junior research group leader Daniel Schick at the Max Born Institute (MBI) in Berlin has now succeeded for the first time in realizing XMCD experiments at the absorption L edges of iron at a photonA photon is a particle of light. It is the basic unit of light and other electromagnetic radiation, and is responsible for the electromagnetic force, one of the four fundamental forces of nature. Photons have no mass, but they do have energy and momentum. They travel at the speed of light in a vacuum, and can have different wavelengths, which correspond to different colors of light. Photons can also have different energies, which correspond to different frequencies of light." data-gt-translate-attributes="[{"attribute":"data-cmtooltip", "format":"html"}]">Photonenenergie von etwa 700 eV in einem Laserlabor.
A laser-driven plasmaPlasma is one of the four fundamental states of matter, along with solid, liquid, and gas. It is an ionized gas consisting of positive ions and free electrons. It was first described by chemist Irving Langmuir in the 1920s." data-gt-translate-attributes="[{"attribute":"data-cmtooltip", "format":"html"}]"> Mithilfe einer Plasmaquelle wurde das erforderliche weiche Röntgenlicht erzeugt, indem sehr kurze (2 ps) und intensive (200 mJ pro Impuls) optische Laserimpulse auf einen Zylinder aus Wolfram fokussiert wurden. Das erzeugte Plasma emittiert dabei kontinuierlich viel Licht im relevanten Spektralbereich von 200-2000 eV bei einer Pulsdauer kleiner als 10 ps. Aufgrund des stochastischen Erzeugungsprozesses im Plasma ist jedoch eine sehr wichtige Voraussetzung zur Beobachtung von XMCD nicht erfüllt – die Polarisation des weichen Röntgenlichts ist nicht wie erforderlich kreisförmig, sondern völlig zufällig, ähnlich der eines Lichts Birne.
Daher nutzten die Forscher einen Trick: Das Röntgenlicht durchläuft zunächst einen magnetischen Polarisationsfilter, in dem der gleiche XMCD-Effekt wie oben beschrieben aktiv ist. Aufgrund der polarisationsabhängigen dichroitischen Transmission kann ein Ungleichgewicht von Lichtteilchen mit parallelem vs. antiparallelem Drehimpuls relativ zur Magnetisierung des Filters erzeugt werden. Nach Durchlaufen des Polarisationsfilters kann das teilweise zirkular oder elliptisch polarisierte weiche Röntgenlicht für das eigentliche XMCD-Experiment an einer magnetischen Probe verwendet werden.
Magnetische Asymmetrie hinter dem Polarisator und der untersuchten Probe an den Fe-L-Absorptionskanten. Die beiden Farben entsprechen Messungen mit umgekehrter Magnetisierung des Polarisators – die Magnetisierungsrichtung der Probe ist anhand des Vorzeichens des beobachteten Dichroismus sofort erkennbar (blaue vs. rote Kurve). Die Messungen können durch Simulationen (Linien) sehr genau reproduziert werden. Bildnachweis: Max-Born-Institut
Die in der Fachzeitschrift OPTICA veröffentlichte Arbeit zeigt, dass laserbasierte Röntgenquellen im Vergleich zu Großanlagen aufschließen. „Unser Konzept zur Erzeugung zirkular polarisierter weicher Röntgenstrahlung ist nicht nur sehr flexibel, sondern aufgrund der Breitbandigkeit unserer Lichtquelle auch herkömmlichen Methoden der XMCD-Spektroskopie teilweise überlegen“, sagt der Erstautor der Studie und Doktorand am MBI , Martin Borchert. Insbesondere die bereits nachgewiesene Pulsdauer der erzeugten Röntgenpulse von nur wenigen Pikosekunden eröffnet neue Möglichkeiten, auch sehr schnelle Magnetisierungsprozesse, beispielsweise ausgelöst durch ultrakurze Lichtblitze, zu beobachten und letztlich zu verstehen.
Reference: "X-ray magnetic circular dichroism spectroscopy at the Fe L edges with a picosecond laser-driven plasma source" by Martin Borchert, Dieter Engel, Clemens von Korff Schmising, Bastian Pfau, Stefan Eisebitt and Daniel Schick, 4 April 2023, Optica.DOI: 10.1364/OPTICA.480221
Forschern des Max-Born-Instituts in Berlin ist es erstmals gelungen, Experimente zum Röntgen-Magnetischen Zirkulardichroismus (XMCD) in einem Laserlabor durchzuführen.